Herbstblues oder Depression?


Depression im Herbst? Dieser Artikel erklärt, warum Symptome oft Wochen vorher beginnen und wie kleine Schritte wieder Stabilität bringen können. Traumasensibel, verständlich und stärkend

Dezember 1, 2025 - Minuten Lesezeit

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Wenn die dunklere Jahreszeit schwerer auf der Seele liegt

Der Herbst hat zwei Seiten. Viele genießen die gemütlichen Abende, Kerzenschein und warme Farben.

Andere spüren genau in dieser Zeit, wie ihre Energie langsam absinkt. Die Tage werden kürzer, der Morgen bleibt länger dunkel, der Körper stellt sich um – und plötzlich entsteht eine Schwere, die man nicht so leicht abschütteln kann.

Für viele Menschen ist dieser Wechsel jedes Jahr eine Herausforderung. „Letzen Monat ging’s mir doch noch gut… warum strengt mich auch einmal alles so an?“

Als Heilpraktikerin für Psychotherapie begleite ich häufig Menschen, die sich genau diese Frage stellen. Vor allem diejenigen, die im Alltag viel leisten – im Beruf, in Beziehungen oder im Umgang mit sich selbst. Oft sind es Menschen, die lange durchhalten, weil sie es so gewohnt sind. Bis der Körper irgendwann sagt: „Es reicht.“

Der Herbst zeigt uns damit nicht zwingend ein neues Problem. Er macht oft sichtbar, was vorher schon im Innern gearbeitet hat.

Depressive Phasen entstehen oft nicht „plötzlich“ aus dem Nichts

Viele Patient*innen erzählen mir, dass depressive Symptome ganz plötzlich aufgetaucht seien. Von einem Moment auf den anderen, scheinbar ohne Auslöser. Doch wenn wir genauer schauen, zeigt sich meist ein anderes Bild:

Depressive Phasen entstehen häufig zeitverzögert.

Der eigentliche Auslöser liegt nicht im aktuellen Tag, sondern manchmal Wochen zurück. Der Körper hält lange durch. Die Psyche versucht, stabil zu bleiben. Aber irgendwann reicht die innere Kraft nicht mehr aus.

Dieser zeitversetzte Einbruch ist typisch – und gleichzeitig enorm entlastend, wenn man ihn versteht. Denn dann wird klar: „Mein Empfinden ist nachvollziehbar, denn mein System hat einfach lange zu viel getragen.“

4–8 Wochen vorher: Was im Inneren wirklich passiert

Viele Menschen mit depressive Episoden haben 4–8 Wochen, bevor die Symptome spürbar werden, intensive Phasen zu durchleben. Ein paar Beispiele dazu: 

- Belastende Situationen wirken nach

Ein Streit, ein hoher Arbeitsdruck, eine Überforderung – selbst wenn wir „drüber stehen“, verarbeitet unser System diese Eindrücke weiter.

- Unausgesprochene Gefühle bleiben im Körper

Was innerlich nicht genug Raum bekommt, sucht sich später Wege: Erschöpfung, Reizbarkeit, innere Leere. 

- Schlaf und Stresshormone geraten ins Ungleichgewicht

Oft unbemerkt – erst später zeigt sich die Wirkung. Auch hormonelle Veränderungen können dazu führen. 

- Das Nervensystem hält die Spannung lange hoch

Vor allem nach traumatischen oder sehr anstrengenden Phasen.

- Die dunklere Jahreszeit verstärkt, was schon da ist

Weniger Licht bedeutet weniger Aktivierung. Das Nervensystem, das vorher „durchgehalten“ hat, fällt nun leichter in Erschöpfung.

Diese stille Vorphase bleibt oft unentdeckt. Viele sagen dann: „Das ist doch schon Wochen her… das kann doch nicht der Grund sein.“

Und doch genau das ist häufig der Punkt.

Der Leistungsmodus: Wenn Stärke zur Stolperfalle wird

Gerade Menschen mit hohem Anspruch an sich selbst bemerken die Vorzeichen spät – oder deuten sie als Schwäche.

Vielleicht kennst du solche Gedanken:

  • „Ich muss mich zusammenreißen.“
  • „Andere schaffen das doch auch.“
  • „Jetzt bloß nicht nachlassen.“
  • „Ich will niemanden belasten.“

Dieses innere Programm ist oft ein alter, gut erlernter Bewältigungsmodus. Ein Konzept aus der Schematherapie beschreibt ihn als Überkompensation oder Perfektionismus-Modus.

Früher war er hilfreich: Er hat dich vor Kritik, Konflikten oder Zurückweisung geschützt.

Heute sorgt er dafür, dass du über lange Zeit funktionierst – oft weit über die eigenen Grenzen hinaus.

Und genau dadurch wird der Stimmungseinbruch im Herbst stärker.

 Nicht weil du schwach bist, sondern weil du zu lange stark warst. - lies diesen Satz bitte nochmal. 🙏🏻

Typische innere Muster, die den Stimmungseinbruch verstärken können

Mehrere psychische Dynamiken können depressive Symptome begünstigen:

• Der innere Antreiber

„Mach weiter. Sei zuverlässig. Gib nicht nach.“

Hilft im Job – erschöpft aber dauerhaft.


• Der innere Kritiker

„Du darfst keine Fehler machen. Du musst mehr schaffen.“

Starke Belastung für Selbstwert und Stimmung.


• Rückzug als Schutzstrategie

Wenn alles zu viel wird, zieht sich das System reflexartig zurück – um Ruhe zu finden. Später wird daraus Einsamkeit.


• Grübeln statt Fühlen

Gedanken kreisen, während Gefühle kaum Raum bekommen. Das erhöht die innere Spannung.


• Alte Verletzungen, die in der Dunkelheit wieder aufflammen

Die Stille langer Abende kann innere Themen sichtbarer machen.


Diese Muster sind keine Schuldfrage. Sie sind gewachsene Strategien, die sich über Jahre entwickelt haben. Und sie zeigen, dass depressive Symptome selten „einfach so“ entstehen.

Praxisgeflüster: „Ich war doch immer belastbar… warum jetzt nicht mehr?”

Eine Patientin kam zu mir, weil sie seit Wochen ohne ersichtlichen Grund erschöpft war. Nichts machte mehr Freude, die kleinsten Aufgaben wurden anstrengend. Sie sagte:

„Letzten Monat war ich noch total leistungsfähig. Ich verstehe nicht, wie das von jetzt auf gleich passieren konnte.“

In der Sitzung wurde deutlich, dass sie fünf Wochen zuvor eine Konfliktsituation im Job erlebt hatte. Sie wollte stark sein, hatte alles abgefedert und weitergemacht. Erst als die heiße Phase vorbei war, als der Druck kurz nachließ, brach die Erschöpfung durch. Die Stimmung der dunkleren Jahreszeit kam erschwerend hinzu. Doch ganz ehrlich, dass hätte sich genauso im Frühling ereignen können. 

Dieser Verlauf ist typisch.

Nicht plötzlich. Nicht unerklärlich.

Sondern ein Zeichen dafür, wie sehr Körper und Psyche zusammenarbeiten – auch wenn wir es nicht sofort wahrnehmen.

Wie depressive Symptome sich im Alltag zeigen können

Nicht jeder erlebt depressive Stimmung gleich. Typische Signale können sein:

  • ein Gefühl von Schwere
  • Interessenverlust (an Sachen, die vorher Spaß gemacht haben)
  • innere Leere
  • Gefühlsarmut (auch fehlende warme Gefühle für Personen, die man eigentlich lieb hat) 
  • Antriebslosigkeit
  • Gereiztheit
  • reduzierte Konzentration
  • Grübelgedanken
  • Schlafprobleme, auch morgendliches Früherwachen 
  • der Wunsch, sich zurückzuziehen
  • das Gefühl, „neben sich zu stehen“
  • Verlust von Freude
  • Überforderung, selbst bei kleinen Aufgaben
  • Selbstwertzweifel 
  • Gewichtszunahme
  • Gewichtsabnahme 
  • Suizidgedanken 

Diese Symptome sagen nicht zwingend etwas über die Schwere aus. Aber sie zeigen: Das System braucht Unterstützung - und zwar völlig verdient, nicht „weil Du zu schwach bist“.

Was jetzt wirklich hilft – kleine Schritte mit großer Wirkung

Der Weg aus einer depressiven Phase ist kein Sprint. Es sind die kleinen Schritte, die stabilisierend wirken:

Licht tanken

Schon 10–20 Minuten draußen am Morgen setzen positive Impulse.


Tagesstruktur auf ein Minimum reduzieren

Nicht alles auf einmal. Zwei bis drei machbare Todos pro Tag reichen völlig aus.


Soziale Kontakte dosieren

Keine Überforderung, aber auch kein völliger Rückzug.

Sich aussprechen kann helfen, aber Vorsicht: Wähle einen guten Zuhörer, bei dem Du Dich einfach mal auskotzen kannst, statt Dir von kompetenten Tippgebern schon wieder das Gefühl einzukaufen, auf der total falschen Spur zu sein. 

Bloss keine vorschnellen Trennungen

Die fehlenden Gefühle sind ein Symptom der Depression und deuten nicht zwingend auf ein Beziehungsaus hin, auch wenn sich das gerade so anfühlt. 


Körperliche Signale ernst nehmen

Zittern, Enge, Erschöpfung – das sind nicht „Kleinigkeiten“, sondern Hinweise Deines Körpers. 


Grübelzeiten begrenzen

Gedanken lassen sich lenken – kleine Fenster helfen, nicht darin zu versinken.


Den inneren Druck reduzieren

Was wäre, wenn es gerade okay ist, weniger zu leisten? Dem Leistungsdruck entsagen ist eine Stärke, die unfassbar mutig ist. 

Diese Schritte ersetzen keine professionelle Unterstützung, aber sie können den Alltag spürbar erleichtern - und sie zeigen deinem System: ich höre Dich. 

Wann therapeutische Begleitung sinnvoll ist

Eine therapeutische Begleitung ist hilfreich, wenn depressive Symptome über mehrere Wochen anhalten, wenn du dich erschöpft fühlst, obwohl du genügend ausruhst, oder wenn alte Muster und schwere Gedanken immer wieder auftauchen.

Besonders dann, wenn Gedanken entstehen, die Angst machen oder in Richtung Hoffnungslosigkeit oder Suizidgedanken gehen. Solche Gedanken bedeuten nicht, dass jemand aufgegeben hat – sie zeigen, wie erschöpft das Innere gerade ist und wie sehr es nach Entlastung, Verständnis und einem sicheren Gegenüber sucht.

In meiner Praxis gehe ich mit dir Schritt für Schritt durch diese Phase. Wir schauen zusammen auf das, was dich überlastet, und auf das, was dich wieder stabilisiert.

Mir ist wichtig, dass du dich mit all dem nicht mehr allein fühlst. Und ganz ehrlich: Ich bin überzeugt, dass es für jeden Menschen Wege gibt, die leichter werden dürfen – und die wieder ein Gefühl von Boden, Orientierung und innerer Stärke zurückbringen.

Es geht nicht darum, irgendetwas „wegzudrücken“, sondern darum, dass dein System aufatmen kann, statt weiter anzuspannen.

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Wir schauen gemeinsam, was du gerade brauchst und ob meine Begleitung für dich passend ist.

Und grad in schweren Zeiten: Halt die Ohren steif! 

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Wer bist Du denn?

Sonja Kleene

Ich bin Heilpraktikerin für Psychotherapie und arbeite mit Leidenschaft und Hingabe In meiner Praxis in Westerholt in Ostfriesland.

Ich bin ein echtes Nordlicht, liebe meine Liebsten, die Brandung der Nordsee, gutes Essen, Tränen zu lachen, Pearl Jam, Alice in Chains und den HSV. 


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