Warum ziehe ich mich immer zurück? Wenn Nähe sich nicht sicher anfühlt


„Warum ziehe ich mich immer zurück?“ Kennst du das Gefühl, dass du dich lieber zurückziehst, anstatt dich auf Nähe einzulassen? Vielleicht sogar automatisch? In diesem Artikel erfährst du, welche unbewussten Schutzmechanismen dahinterstecken und wie du sanft neue Wege finden kannst.

Januar 31, 2025 - Minuten Lesezeit

Heilprakiker fuer Psychotherapie Sonja Kleene C Fotos Nicolai Heise 668 scaled

Ich lasse niemanden an mich ran – Warum du Nähe vermeidest (und was du tun kannst)

Rückzug als Schutzmechanismus

Kennst du das Gefühl, dass du dich lieber zurückziehst, wenn es emotional oder zwischenmenschlich schwierig wird? Vielleicht lenkst du dich mit Arbeit oder Social Media ab oder hast das Bedürfnis, dich aus Beziehungen ganz herauszuhalten.

In der Schematherapie sprechen wir nicht von festen Persönlichkeitsmerkmalen, sondern von inneren Anteilen, die in bestimmten Situationen aktiv werden. Es gibt verschiedene Arten, sich vor unangenehmen Gefühlen zu schützen – manchmal geschieht das durch emotionale Distanz, manchmal durch Ablenkung oder sogar durch Ärger.

Doch all diese Strategien haben etwas gemeinsam: Sie sind erlernte Schutzmechanismen, die einst notwendig waren, um mit überwältigenden Gefühlen umzugehen. Heute können sie jedoch verhindern, dass wir echte Verbindung zulassen oder unsere eigenen Bedürfnisse spüren.

Du fragst Dich: wovon redet sie nur? 

Finde hier die Basics zur Schematherapie

Warum gibt es diese Rückzugsstrategien?

Der Rückzug ist eine Bewältigungsstrategie, die oft in der Kindheit erlernt wurde. Vielleicht war emotionale Nähe mit Unsicherheit oder Schmerz verbunden. Vielleicht wurden Gefühle nicht ernst genommen oder sogar bestraft.

💡 Typische Ursachen für Rückzug:

  • Bindungsverletzungen: Nähe zu Bezugspersonen war unsicher oder mit Kritik, Ablehnung oder Unberechenbarkeit verbunden.
  • Emotionale Vernachlässigung: Gefühle wurden nicht gesehen oder als unwichtig abgetan.
  • Überwältigende Erfahrungen: Vielleicht gab es früher Situationen, die emotional zu viel waren – sodass Rückzug eine logische Konsequenz wurde.

Das Nervensystem hat daraufhin reagiert mit dem Learning: Nähe kann gefährlich sein. Also ist es sicherer, auf Distanz zu bleiben.

Wie Vermeidung unsere Beziehungen beeinflusst

Viele Menschen, die einen vermeidenden Bewältigungsmodus entwickelt haben, wünschen sich eigentlich Nähe – aber ihr System hält sie davon ab, weil es Nähe mit Gefahr oder Kontrollverlust verknüpft.

💔 Typische Auswirkungen in Beziehungen:

  • Beziehungen bleiben oberflächlich, weil tiefere Emotionen vermieden werden.
  • Nahestehende Personen fühlen sich zurückgewiesen oder unerreichbar.Konflikte werden lieber ignoriert als gelöst.
  • Es fällt schwer, Bedürfnisse zu kommunizieren – entweder, weil sie selbst nicht klar sind oder weil es unangenehm ist, sie zu äußern.

Ein innerer Anteil mag vielleicht sagen: „Ich brauche niemanden, ich komme alleine klar.“ – aber oft ist das nur eine Schutzreaktion auf die Angst vor Verletzlichkeit.
Es kann auch subtiler anmuten: warum ist Nähe zu schwierig, warum gehen immer alle aus dem Kontakt, was stimmt denn nicht mit mir? 

Die verschiedenen Formen der Vermeidung in der Schematherapie

Es gibt nicht nur eine Art, sich zurückzuziehen. In der Schematherapie unterscheiden wir vier Hauptformen des vermeidenden Bewältigungsmodus:

Der distanzierte Beschützer: „Gefühle? Lieber nicht.“

💡 Wie zeigt sich das?
Ein Teil in dir sorgt dafür, dass unangenehme Gefühle gar nicht erst aufkommen. Statt dich mit deinen Emotionen auseinanderzusetzen, driftest du ab oder lenkst dich unbewusst ab.

Typische Verhaltensweisen:

  • Du bist oft gedanklich „woanders“ und hast Mühe, präsent zu bleiben.
  • Du verlierst dich in Tagträumen oder Fantasiewelten.Dein Körper reagiert auf Stress mit Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen, aber ohne medizinische Ursache (psychosomatische Symptome).
  • Du wirkst auf andere manchmal abwesend oder „wie weggetreten“.

Der ärgerliche Beschützer: „Kommt mir bloß nicht zu nahe!“

💡 Wie zeigt sich das?
Ein Teil in dir hält andere auf Abstand, indem er aktiv abwehrt. Anstatt sich verletzlich zu zeigen, wird Ärger oder Frustration genutzt, um Kontrolle zu behalten und Menschen auf Distanz zu halten.

Typische Verhaltensweisen:

  • Du neigst dazu, dich über andere zu beschweren oder dich aufzuregen.
  • Du bist schnell genervt oder gereizt, wenn jemand deine Grenzen überschreitet.
  • Du nutzt Kritik, Sarkasmus oder Lästern als Schutzmechanismus.
  • Du verteidigst dich sofort, wenn du dich angegriffen fühlst.

Vermeidung: „Ich gehe gar nicht erst hin.“

💡 Wie zeigt sich das?
Dieser Anteil in dir sorgt dafür, dass du unangenehme Situationen direkt meidest. Anstatt dich mit Herausforderungen auseinanderzusetzen, hältst du dich fern.

Typische Verhaltensweisen:

  • Du sagst Verabredungen oft in letzter Minute ab.
  • Du gehst schwierigen Gesprächen konsequent aus dem Weg.
  • Du meidest tiefere Bindungen und bleibst lieber für dich.
  • Du lässt dich auf keine emotionale Nähe ein.

Der Selbstberuhiger: „Ich brauche einen Reiz, um mich zu regulieren.“

💡 Wie zeigt sich das?
Dieser Modus nutzt äußere Reize, um sich zu beruhigen oder innere Anspannung zu regulieren.

Typische Verhaltensweisen:

  • Du greifst zu Essen, Alkohol oder Nikotin, um dich besser zu fühlen.
  • Du lenkst dich mit exzessivem Sport oder Dauerscrollen am Handy ab.
  • Du nutzt selbstverletzendes Verhalten (z. B. Ritzen), um innere Anspannung abzubauen.
  • Du brauchst starke Reize (z. B. laute Musik, Wettkämpfe), um dich lebendig zu fühlen.
  • Du versinkst in Gedankenkarusells und denkst und denkst... 

Wie du den ersten Schritt machst

Diese Strategien haben dich früher geschützt – aber heute dürfen neue Wege entstehen.

💡 Drei kleine Schritte zur Veränderung:

Erkenne Deine Modi:

  • Welcher dieser Modi ist bei dir am häufigsten aktiv?
  • Beobachte deine Reaktionen in sozialen oder emotionalen Situationen.

Versuche Nähe in leichten Dosen zuzulassen:

  • Nähe bedeutet nicht sofort komplette Offenheit.
  • Statt Rückzug mal ein „Mir geht’s gerade nicht so gut“ oder ein ehrliches „Ich bin mir unsicher, ob ich darüber reden will.“

Übe neue Reaktionen:

  • Falls ein Teil von dir Menschen meidet, probiere eine bewusste Annäherung in kleinen Schritten.
  • Falls du dich mit Ablenkung beruhigst, versuche einen Moment der Ruhe auszuhalten, ohne direkt zu deinem Handy zu greifen.
  • Falls du schnell in Abwehr gehst, halte kurz inne, bevor du reagierst.

Fazit: Schutzmechanismus oder Gefängnis?

Diese Anteile haben dich früher geschützt – doch heute darfst du neue Wege ausprobieren. Es geht nicht darum, dich zu verändern, sondern dich besser zu verstehen.

💡 Was wäre, wenn du dir erlaubst, ein kleines bisschen mehr Nähe zuzulassen – ganz in deinem Tempo? 

Komm gerne ins Kennenlern-Gespräch für 0€

und lass uns unverbindlich schauen, was ich für Dich tun kann. 

Wer bist Du denn?

Sonja Kleene

Wenn ich nicht gerade in meiner Praxis für Psychotherapie bin und tolle Prozesse mit meinen Herzensklienten durchlebe, schreibe ich hier oder auf den sozialen Medien und plaudere ein wenig aus dem Psycho-Nähkästchen.

Ausserdem liebe ich die frische Brise der Nordsee, gutes Essen, zu lachen, bis die Tränen kommen und heisse Musik. 

Lies hier weitere Beiträge