5 fatale Missverständnisse bei Wut


So kannst Du Deine (bis dato vielleicht unbewussten) Wut-Glaubenssätze unter die Lupe nehmen und verändern

Juli 8, 2023 - Minuten Lesezeit

Blog Bild Umgang mit Wut

Den Umgang von Wut meistern: sich weder alles gefallen zu lassen noch alles in Schutt und Asche zu legen

Der Umgang mit Wut ist für viele Menschen nicht so einfach, sondern eine echte Herausforderung. Sie ist eine eher unbeliebte Emotion und ich möchte heute ein bisschen Bewegung in dieses Thema bringen. Denn sie hat eine unwahrscheinliche Kraft. 

Okay. Bei mir in der Praxis reicht die Bandbreite vom Ausleben der Wut von "ich bin nie wütend" bis zur Wutrage mit Kontrollverlust und Schäden wie kaputten Tellern oder zerbrochenen Beziehungen.

Der Grund dafür sind meist tiefe innere Überzeugungen und Glaubenssätze rund um die Emotion, die verhindern, ihre Kraft zu voll auszuschöpfen und einen gesunden Umgang damit zu haben. Natürlich hat das seinen Grund, diese hinderlichen Glaubenssätze oder Überzeugungen sind nicht aus Spaß entstanden. Sie sind Teil unserer Erfahrungen. Gerade bei Entwicklungstrauma ist oft unverarbeitete Wut im Körper gespeichert. Sie stammt aus Situationen, in denen man sich nicht wehren konnte oder durfte, denn als Kind ist man einfach oft unterlegen. 

In diesem Artikel möchte ich auf diese Bandbreite mit diesen beiden Extremen von "Sich alles gefallen zu lassen und zu lächeln" bis zur Überreaktion "alles in Schutt und Asche zu legen" eingehen und mit ein paar fatalen Missverständnissen Schluss machen. 

Ich möchte Dir einen Weg zeigen, wie Du hinderliche Glaubenssätze bewegen kannst, falls Du einen bei Dir finden solltest. So dass Deiner Kraft ein gutes Stück näher kommen kannst. 


1. Für Menschen, die ihre Wut ungern ausleben und sie eher unterdrücken

Aspekt: Unangenehme Erfahrungen und negative Assoziationen

In meiner Praxis höre ich oft von Klientinnen: "ich bin eigentlich nie wütend." Sie erzählen mir schreckliche Sachen und lächeln dazu, als wäre all das ganz normal...

Dafür gibt es natürlich gute Gründe:

Für einige Menschen ist der Kontakt mit ihrer eigenen Wut unangenehm. Sie haben möglicherweise in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht oder wurden von Bezugspersonen in der Kindheit mit Wut erzogen.

Diese Erfahrungen haben dazu geführt, dass die Wut als unkontrollierbar oder als Quelle von Schwierigkeiten wahrgenommen wird. Das Vermeiden die Wut zu fühlen kann zu einem Schutzmechanismus geworden sein.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Wut an sich eine natürliche Emotion ist und dass ihre Unterdrückung langfristig negative Auswirkungen haben kann.
Sich vieles gefallen zu lassen, was man eigentlich nicht will. Nicht nein sagen zu können, die Bedürfnisse anderen über die eigenen zu stellen und am eigenen Leben vorbei zu leben.

Aber das muss nicht so bleiben: Indem wir uns bewusst mit unserer Wut auseinandersetzen und ihre Ursprünge erforschen, tiefe Überzeugungen entdecken und hinterfragen, können wir lernen, sie besser zu verstehen. Mit der Zeit können wir dann neue Verhaltensweisen lernen, die uns guttun: uns besser durchsetzen, uns verteidigen und zu uns und unseren Bedürfnissen stehen.


2. Für Menschen, die ihre Wut am liebsten loswerden wollen, weil sie soviel Wumms hat

Aspekt: Überreaktion und Scham

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die die Wut lieber heute als morgen loswerden wollen, weil sie einfach ungebremst die Kontrolle übernimmt. 

Sie können schnell auf kleinste Auslöser reagieren und fühlen sich danach oft schlecht oder schämen sich für ihr Verhalten. 

Oder sie verteidigen ihre Reaktionen und fragen sich: "soll ich mir denn alles gefallen lassen?". 

Andere haben einfach ein Gefühl von: "das gehört sich nicht. So benimmt man sich nicht." und das aufkommende Gefühl jeglicher Aggression ist höchst unangenehm. 

Meist stecken hinter diesen überreaktiven Mustern negative Erfahrungen, die schmerzhaft waren, bei denen sie sich nicht wehren durften oder ihre Bedürfnisse nicht gesehen wurden. 

Der Wutausbruch wird zur unkontrollierten Reaktion, um die eigenen Bedürfnisse zu verteidigen oder endlich Gehör zu finden.

In solchen Fällen ist es wichtig, die eigenen Reaktionen zu reflektieren und die zugrunde liegenden Bedürfnisse zu erkennen.

Anstatt die ungebremste Kraft direkt auszuleben, kann es hilfreich sein, Techniken der Selbstregulierung zu erlernen. Atemtechniken, Meditation oder das bewusste Verändern der Perspektive können dabei helfen, die Intensität der Reaktionen zu verringern und einen bewussteren Umgang mit der eigenen Wut zu entwickeln.

Hier findest Du einen vertiefenden Artikel: Der Umgang mit Wut

Entdecke deine Wut-Glaubenssätze

In unserer Welt gibt es Glaubenssätze und Überzeugungen, die uns daran hindern, ihre Kraft zu nutzen: die Durchsetzungs- und Willenskraft wird nämlich auch von ihr (genau genommen von der Kraft der Aggression) gespeist. Es ist so schade, auf sie zu verzichten. 

Andererseits ist das ungebremst Ausagieren auch keine gute Lösung. 

In diesem Abschnitt möchte ich Dir fünf klassische Glaubenssätze im Zusammenhang mit Wut zeigen, die in meiner Praxis oft auftauchen.
  1. 1
    "Es ist falsch, meine Wut auszudrücken"
    Dieser Glaubenssatz besagt, dass es falsch oder unangemessen ist, wütend zu werden. Doch Wut ist eine natürliche Emotion, die uns dabei hilft, unsere Bedürfnisse und Grenzen zu erkennen und durchzusetzen.
  2. 2
    "Wenn ich meine Wut zeige, werde ich abgelehnt"

    Die Angst vor Ablehnung kann uns davon abhalten, unsere Wut zu zeigen, sie zu verleugnen oder lieber nicht mehr zu fühlen. Wir fürchten, dass andere uns nicht akzeptieren oder sich von uns abwenden. Doch in Wahrheit kann ein ehrlicher Ausdruck unserer Wut zu mehr Verständnis und Nähe in unseren Beziehungen führen. Indem wir unsere Bedürfnisse und Gefühle offen kommunizieren, können wir eine tiefere Verbindung zu anderen Menschen aufbauen.

  3. 3
    "Ich kann meine Wut nicht kontrollieren"

    Manche Menschen glauben, dass sie keine Kontrolle über ihre Wut haben und dass sie ihre Impulse nicht beherrschen können. Doch mit der richtigen Bewusstheit und emotionalen Regulationstechniken können wir lernen, unsere Wut zu kanalisieren und sie auf konstruktive Weise auszudrücken. Es geht darum, Wege zu finden, um unsere Wut bewusst und gesund auszuleben.

  4. 4
    "Wut ist unweiblich oder unangemessen":

    Speziell für Frauen besteht oft der Glaube, dass Wut als unweiblich oder unangemessen gilt. Doch es ist wichtig zu erkennen, dass Wut eine menschliche Emotion ist, unabhängig vom Geschlecht. Frauen haben genauso das Recht, ihre Wut auszudrücken und für ihre Bedürfnisse einzustehen. Indem wir diese stereotype Vorstellung hinterfragen, können wir unseren eigenen authentischen Ausdruck der Wut finden.

  5. 5
    "Ich muss ja immer so wütend werden, weil die anderen mich so sehr aufregen." 

    Kann es sein, dass Du denkst, dass Deine Wutreaktion von den Handlungen und Worten anderer Menschen abhängig ist? Es kann sich anfühlen, als hätten wir keine Kontrolle über unsere eigenen Emotionen und würden von den Handlungen anderer gesteuert. Es ist wichtig zu verstehen, dass unsere Reaktionen auf äußere Einflüsse nicht zwangsläufig in diese Richtung führen müssen. Wir haben die Fähigkeit und Verantwortung, unsere eigenen Emotionen zu regulieren und bewusste Entscheidungen darüber zu treffen, wie wir auf bestimmte Situationen reagieren. Die Wut, die wir empfinden, ist unsere eigene Emotion und kein direktes Ergebnis des Verhaltens anderer.

Du siehst, die Welt der Wut ist komplex und oft von Vorurteilen und alten Erfahrungen geprägt. Um eine neue Sicht auf die Dinge zu bekommen, müssen wir eine Art Realitätscheck machen. 

Denn tief verinnerlichte Glaubenssätze führen zu Überzeugungen, die wir nicht infrage stellen. 

Also los, lass uns mal schauen, was in der Tiefe vor sich geht. 

 

Bist Du diejenige, die ihre Wut ungern auslebt und sie unterdrückt?

Kann es sein, dass der Kontakt mit Wut Dir unangenehm ist? Vielleicht hast du negative Erfahrungen mit Wut gemacht, mit Wut warst Du nicht willkommen, sie wurde im Keim erstickt oder eine Bezugsperson in deiner Kindheit hat dich mit Wut erzogen. Diese Erfahrungen können dazu führen, dass du Wut als etwas Negatives betrachtest und dich unwohl fühlst, sie auszudrücken.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Wut eine natürliche Emotion ist und ihre Existenz einen Sinn hat. Auch für DICH, um Deine Bedürfnisse ausleben zu können und gesunde Grenzen zu setzen. 

Könntest Du Dir vorstellen, die Wut als ein Signal dafür zu sehen, dass Deine Bedürfnisse nicht erfüllt werden oder wichtige Grenzen überschritten werden? Indem Du Deine Wut anerkennst und sie auf gesunde Weise ausdrückst, stehst Du zu Dir und kannst Dir holen, was Du brauchst. 


Bist Du diejenige, die ihre Wut am liebsten loswerden möchten, weil sie ungebremst hervor kommt?

Bei Dir kann der Fokus auf der Überreaktion und der Scham liegen, Dich nicht besser im Griff zu haben.
Möglicherweise hast du negative Erfahrungen mit Bezugspersonen gemacht, die dich über Wut erzogen haben oder bei denen du dich nicht wehren durftest und deine Bedürfnisse nicht gesehen wurden.

Es ist wichtig zu erkennen, dass übermäßige Wutausbrüche selten zu einer Lösung führen. Stattdessen ist es hilfreich, Wege zu finden, um deine Wut auf konstruktive Weise zu kanalisieren und auszudrücken und Dich gleichzeitig verbunden und gesehen zu fühlen. 

Das kann bedeuten, deine Emotionen bewusst wahrzunehmen und angemessene Ausdrucksformen zu finden, wie z. B. durch körperliche Aktivität, das Verfassen von Tagebucheinträgen oder den Austausch mit Menschen, denen Du vertraust. Falls Du das Gefühl hast, unverarbeitete Wut im Innern zu spüren, wäre ein Aufarbeiten Deiner Kindheitserfahrungen insbesondere von Wut hilfreich. Denn unverarbeitete Wut ist triggerbar. Du merkst es daran, dass Du Dich sehr leicht aufregst und Deine Wut nicht angemessen ist, also heftiger ausfällt, als die Situation es verlangen würde. 

Doch ganz egal, ob Du nun eher zum Wut unterdrücken oder eher ungebremst ausleben neigst, oder beides:

LASS DICH NICHT VON ALTEN GLAUBENSSÄTZEN EINSCHRÄNKEN!

So kannst du Hinderliche Wut-Glaubenssätze aufdecken

Ein erster Schritt besteht darin, die Ursprünge deiner Glaubenssätze über Wut zu erforschen.

Hier sind ein paar hilfreiche Fragen für Dich, um das Thema ein bisschen bewegen:

  1. Welcher der 5 Glaubenssätze könnte am ehesten zu Dir passen? 
  2. Welche Erfahrungen haben dazu geführt, dass du Wut als unangenehm empfindest? 
  3. Sind diese Überzeugungen wirklich wahr? Zu 100 Prozent?
  4. Würde diese Überzeugung auch bei allen anderen Menschen gelten?
  5. Würdest Du das Deinem Kind auch so sagen oder beibringen? 

Indem du diese Glaubenssätze bewusst hinterfragst, kannst du Deiner  Sichtweise mehr Spielraum geben und deine Beziehung zur Wut verändern.

Abschließend ist es wichtig zu betonen, dass der Umgang mit Wut ein individueller Prozess ist. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte und seine eigenen Herausforderungen.

Letztendlich ist es wichtig, Geduld und Mitgefühl mit uns selbst zu haben. Die Veränderung unserer Beziehung zur Wut braucht Zeit und Übung. Es ist ein Prozess, in dem wir uns selbst besser kennenlernen, alte Muster hinterfragen, neue Wege zu finden und auch im Alltag zu üben. 

  • Kennst Du jemanden, der sich durchsetzen und für sich einstehen kann, ohne dabei unangenehm zu sein? - dann könnte es helfen, ihn ein bisschen zu beobachten und sein Verhalten zu kopieren. 

FAZIT

Unsere Glaubenssätze über Wut können uns daran hindern, eine gesunde Beziehung zu dieser Emotion zu entwickeln. Das kann uns sehr ausbremsen oder uns sehr unausgeglichen machen... 

Indem wir unsere Glaubenssätze über Wut reflektieren und neue Sichtweisen entwickeln, können wir lernen, unsere Wut auf konstruktive Weise auszudrücken und uns selbst zu ermächtigen, uns durchzusetzen und uns für unsere Kraft nicht zu schämen. 

Es ist ein Prozess der Selbstreflexion, des Austauschs und des Lernens, der uns helfen kann, eine gesunde Balance im Umgang mit unserer Wut zu finden. 

Möchtest Du Unterstützung auf diesem Weg? Erahnst Du unverarbeitete Wut in Dir? 

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Sonja Kleene - jameda.de

Wer bist Du denn?

Sonja Kleene

Wenn ich nicht gerade in meiner Praxis für Psychotherapie bin und tolle Prozesse mit meinen Herzensklienten durchlebe, schreibe ich hier oder auf den sozialen Medien und plaudere ein wenig aus dem Psycho-Nähkästchen.

Ausserdem liebe ich die frische Brise der Nordsee, gutes Essen, zu lachen, bis die Tränen kommen und heisse Musik. 

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